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Jochen Dieckmann
Jochen Dieckmann ... zurück auf der politischen Bühne
von Gerhard Voogt – Rheinische Post 24.07.2013
Ein früheres Schwergewicht der NRW-SPD meldet sich zurück auf der politischen Bühne: Jochen Dieckmann (65) wurde gestern im Düsseldorfer Landtag als Experte der SPD-Fraktion für die Verfassungskommission vorgestellt, die nach der Sommerpause ihre Arbeit aufnehmen soll.
Dieckmann war zwischen 1999 und 2005 zunächst Landesminister für Justiz und später für Finanzen. Nach der historischen Niederlage von Rot-Grün bei der Landtagswahl 2005 löste er Harald Schartau als Parteichef ab und koordinierte gemeinsam mit der damaligen Fraktionsvorsitzenden Hannelore Kraft den Neustart der Sozialdemokratie. Damals habe er verhindert, dass die Partei auseinanderbrach, heißt es. Durch seinen wenig emotionalen Stil beruhigte er die hitzigen Gemüter.
Nur ein Jahr nach dem Wahlfiasko erhielt Dieckmann beim Parteitag mehr als 90 Prozent der Stimmen. 2007 schlug der Jurist die heutige Ministerpräsidentin Kraft als seine Nachfolgerin vor. Mit seinem Rückzug aus der Doppelspitze wurde die Politikerin aus Mülheim zur alleinigen Gegenspielerin des damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) – ein Schachzug, der mit der Rückeroberung der Macht im Jahr 2010 von Erfolg gekrönt wurde. Ist die Berufung Dieckmanns jetzt ein später Dank dafür, dass er in schweren Zeiten Verantwortung übernahm? Fraktionskreise weisen das zurück. Der Jurist aus Bonn sei nun wirklich keiner, der ein Bedürfnis nach Streicheleinheiten an den Tag lege. Dieckmann sei als Fachmann und Kenner der politischen Praxis der ideale Experte.
In der Kommission sollen unter anderem Verfassungsänderungen wie die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre und die Erleichterung von Volksinitiativen diskutiert werden. Das stets besonnene politische Urgestein sagte übrigens auf Anfrage nicht sofort Ja zum Comeback: Dieckmann erbat sich ein Wochenende Bedenkzeit. Er ist ganz der Alte.
Pressedienst Honorarprofessur für Jochen Dieckmann
DHV Speyer vom 6. Juni 2007
Der Ministerpräsident des Landes Rheinland- Pfalz hat den früheren nordrhein-westfälischen Justiz- und Finanzminister Jochen Dieckmann auf Vorschlag des Senats der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer zum Honorarprofessor ernannt. Der Senat der Hochschule hatte in seiner Empfehlung darauf hingewiesen, dass Dieckmann sowohl im wissenschaftlichen Bereich als auch durch vielfältige politik- und verwaltungspraktische Erfahrungen für diese Ernennung ausgewiesen sei, da er in seiner Person herausragende Erfahrungen in Politik und Verwaltung mit beachtlicher wissenschaftlicher Kompetenz und didaktischer Befähigung vereinige. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit beim Deutschen Städtetag (1982-1999) gilt Dieckmann insbesondere im Bereich des Kommunalrechts als renommierter Experte. Darüber hinaus sind seine Erfahrungen als Finanzminister und als Justizminister des Landes Nordrhein- Westfalen eine wertvolle Bereicherung für das Lehr- und Forschungsprofil der Speyerer Hochschule.
Der 1947 in Bad Godesberg geborene Dieckmann studierte in Bonn, Freiburg und Köln Rechtswissenschaft, bevor er im Rechtsamt und im Büro des Oberstadtdirektors der Stadt Bonn tätig wurde. Anfang der 80er Jahre sammelte er Berufserfahrungen bei der SPDBundestagsfraktion in den Bereichen Innenpolitik und Kommunalpolitik, bevor er seine Karriere beim Deutschen Städtetag durch verschiedene Sachbereiche begann und er schließlich 1990 Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages und gleichzeitig Geschäftsführer des Städtetages Nordrhein- Westfalen wurde. Während dieser Zeit war er zugleich Generalsekretär der deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas. Im März 1999 wurde Dieckmann dann Justizminister des Landes Nordrhein- Westfalen. Nach einer Kabinettsumbildung im November 2002 übernahm er bis 2005 das dortige Finanzministerium.
Mit allen diesen Tätigkeiten waren vielfältige Leitungs- und Gremientätigkeiten verbunden, darunter auch Aufsichtsfunktionen verschiedener Wissenschaftseinrichtungen. Zahlreiche Kommentare zum Bau- und Planungsrecht, zum Baugesetzbuch, das Handbuch kommunale Wirtschaftsförderung und eine Vielzahl von Aufsätzen zeichnen Dieckmanns wissenschaftliche Publikationstätigkeit aus. Belege seiner fachlichen Wertschätzung finden sich außerdem in seinen Tätigkeiten als Mitherausgeber so renommierter Zeitschriften wie der Zeitschrift für Gesetzgebung, der Gemeindehaushalt, des Staatshandbuches "Die Bundesrepublik Deutschland" und der kommunalen Verwaltungsvorschriften Nordrhein- Westfalen sowie seine Mitgliedschaft in Herausgebergremien der Zeitschriften "Die Öffentliche Verwaltung" (DÖV), "Verwaltung und Management" und "Nordrhein-westfälische Verwaltungsblätter".
Seit Mitte der 70er Jahre kann Dieckmann auf vielfältige Vortrags- und Lehrerfahrung zurückblicken. Seit 1997 lehrt er an der DHV Speyer zu den Themen der interkommunalen Zusammenarbeit, der Modernisierung der Justizverwaltung sowie – derzeit – der Haushaltskonsolidierung. Der Rektor der DHV Speyer, Univ.-Prof. Dr. Karl-Peter Sommermann, wird Herrn Dieckmann die Ernennungsurkunde am 14. Juni 2007 im Rahmen einer Abendveranstaltung der Hochschule überreichen.
Anm. für die Presse: Dieser Text ist im Internet abrufbar unter: www.dhv-speyer.de/Aktuelles/pressesuche.asp
DHV Speyer
"Jochen Dieckmann – Dreizehnter Justizminister"
Auszug aus: Dr. Christian Dästner (+) / Maik Wogersien, Die Justizministerinnen und Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen und die Grundzüge ihres politischen Wirkens, in:
"60 Jahre Justizministerium Nordrhein-Westfalen Martin Luther Platz 40" (Band 18 der Reihe Juristische Zeitgeschichte, hrsg. vom Justizministerium NRW)
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Ein Stoiker aus Granit -
Justizminister Jochen Dieckmann ist nicht aus der Ruhe zu bringen
Süddeutsche Zeitung (NRW) vom 22.02.2002
Bei Jochen Dieckmann erinnert auf den ersten Blick vieles an einen Granitblock. Die manchmal steingrauen Anzüge, die unbewegliche Miene, die stoische Körperhaltung. Der Eindruck der rauen, kantigen Schale täuscht aber. Vielmehr hat der Justizminister eine glatte Oberfläche. Umgangssprachlich würde man den SPD-Politiker als "coolen Typ" bezeichnen.
Denn der 54-jährige wirkt wie ein Fels in der tosenden Brandung. Für einen Justizminister ist solch ein Wesen unerlässlich, schließlich soll er als politischer Stellvertreter von Justitia eine standhafte, unbestechliche Instanz verkörpern. Und falls Unauffälligkeit eine Voraussetzung für dieses Amt ist, dann erfüllt sie Dieckmann vorbildlich und meist mit einem milden Lächeln im Gesicht.
Zuweilen fragt man sich, ob den gebürtigen Bad Godesberger überhaupt etwas erschüttern kann. Anlässe, zum unruhig zu werden, gab es schon einige. Wie groß der Druck auf das Justizministerium in solchen Situationen dann tatsächlich ist, lässt sich nur daran abmessen, wie viel Dampf Dieckmanns Ventil Dieter Wendorff ablässt. Der Sprecher verkörpert den Pulsschlag des Hauses und kann wie Rumpelstilzchen explodieren, wenn jemand am makellosen Image seines Chefs ungerechtfertigt kratzt.
In diesen Tagen sieht sich das Ministerium wieder einmal in einer Verteidigungssituation. Die Diskussion um die Entlassung von drei mutmaßlichen Mörder aus der Untersuchungshaft wirft ein Schlaglicht auf das Justizwesen im Lande. Vor zwei Jahren lenkte ein weitaus spektakulärer Fall die Aufmerksamkeit auf Dieckmann und die ihm unterstellten Staatsanwaltschaften. Drei Tage vor der Landtagswahl im Mai 2000 hatten Ermittler und Steuerfahnder Büros und Wohnräume des Klever CDU-Bundestagsabgeordneten Ronald Pofalla wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durchsucht. Der Politiker war damals als Justizminister im Schattenkabinett der CDU aufgestellt worden, weshalb der Vorwurf der politischen Justiz laut wurde. Nachdem sich die Anschuldigungen gegen Pofalla als völlig unbegründet herausgestellt hatten, räumte Dieckmann Versäumnisse der Staatsanwälte ein und entschuldigte sich bei Pofalla persönlich. Zudem entließ er den verantwortlichen Generalstaatsanwalt, eine Entscheidung, mit der er sich nicht nur Freunde machte. Aber für die Angewohnheit mancher Sozialdemokraten, den Justizapparat gelegentlich zu instrumentalisieren, hat der ehemalige Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages kein Verständnis.
Seit der Diplom-Jurist 1999 das Ministerium übernommen hat, treibt er die technologische und strukturelle Modernisierung der Justizverwaltung voran. Dieckmann bemüht sich, die Rechtsbehörden für den Bürger transparenter zu machen. Dabei muss er sich manchmal mit der Richterschaft auseinander setzen, die um ihre Unabhängigkeit fürchtet. Dieckmann kümmert sich ferner um die bundesweit renommierte Justizakademie in Recklinghausen, die Gesetzentwürfe des Bundesjustizministeriums auf ihre Praktikabilität hin überprüft.
Dieckmanns Privatleben bleibe wohl gänzlich im Verborgenen, wenn seine Ehefrau Bärbel nicht die Bonner Oberbürgermeisterin wäre. Die beiden könnten sich glänzend als Erfolgspaar in der Politik verkaufen, doch die Karrieren werden streng getrennt. Denn ein öffentliches Eheleben, das passt nicht zu einem Justizminister – schon gar nicht zu Jochen Dieckmann.
Kristian Frigelj
Zweiter Mann
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13.11.2002
In den vergangenen dreieinhalb Jahren hat sich Joachim Dieckmann ruhig verhalten. So, wie es sich für einen Justizminister geziemt. Als politischer Chef muß er die Politik heraushalten aus der Rechtsfindung und Rechtsprechung im Lande. Selbst die Opposition in Nordrhein-Westfalen erkennt an, dass ihm dies gelungen ist. Mit diesem Justizminister waren keine politischen Ränkespiele zu veranstalten.
Jetzt scheint es Dieckmann zu langweilig geworden zu sein. Ihn selbst drängte es zu neuen aufgaben. Warum er ausgerechnet ins Finanzministerium strebt, ist auf den ersten Blick verwunderlich. Weder scheinen die Zahlenkolonnen spannender zu scheint als Paragraphen, noch kann man in diesen Zeiten knapper Kassen als Finanzminister Freunde und Anerkennung finden. So könnte man denken. Dieckmann sieht das anders. Wann sonst käme es mehr auf die Finanzpolitik an als in Zeiten knapper öffentlicher Mittel, fragt er. Es ist, als ob er jetzt erst richtig in Fahrt kommt. Ein Finanzminister ist für ihn nicht ein Kassenwart, sondern ein Politiker. Derzeit wohl der wichtigste im Kabinett nach dem Ministerpräsidenten.
Die meiste Zeit seines beruflichen Lebens hat sich der 55 Jahre alte Jurist mit Fragen der Kommunalverwaltung befasst. Zuletzt war er Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Da ging es immer auch um Geld und immer auch um Politik, und zwar um Politik an der Basis, wie es fast beschönigend und manchmal geringschätzig heißt, und um Politik bis in die obersten europäischen Gremien. Schließlich hängt ja alles mit allem zusammen.
Als trocken hat Dieckmann dies nie empfunden, schon gar nicht, wenn seine Frau, die Oberbürgermeisterin von Bonn, ihm einfach aus ihrem Alltag erzählt. "Das ist handfeste Politik", sagt er. Dann glaubt man ein Feuer zu sehen, das man bei ihm hinter der vorgezeigten Nüchternheit und Sachlichkeit gar nicht vermutet hätte. Die vier Kinder sind erwachsen. Er noch nicht alt genug, um sich zur Ruhe zu setzen. Da gibt es die Lust auf eine neue Herausforderung.
Dieses versteckte Feuer war es wohl auch, was ihn in der Nacht, als es um die Nachfolge Clements als Ministerpräsident ging, den Finger heben ließ. Er hat lange seinen Anspruch aufrechterhalten. Zuerst wußte er selbst, dass er es auch gekonnt hätte. Dann wußten es auch die anderen. Schließlich wurde nach der politischen Lage entschieden. Seither ist Dieckmann der zweite Mann im Kabinett, nicht formal, aber de facto.
Das hat nicht zum Streit mit Ministerpräsidenten Steinbrück geführt. Dessen Position ist unangetastet. Beide schätzen einander. Steinbrück, der sich offensichtlich auf die Rolle des Team-Chefs eingestellt hat, weiß, was er an Dieckmann hat. Er braucht ihn. Die Neuordnung der Gemeindefinanzen steht ebenso an wie die Umgestaltung der Finanzverhältnisse zwischen Bund und Ländern. Da ist es gut, einen zu haben, der etwas davon versteht, besonders im Hinblick auf die Verhandlungen mit dem Bund. Nordrhein-Westfalen hat sich da einiges vorgenommen. Wenn bei den Haushaltsberatungen der Finanzminister auch etwas von Politik versteht, ist das umso besser. Die Entscheidung für Dieckmann als Finanzminister war eine der ersten Entscheidungen Steinbrücks, noch bevor er zum Ministerpräsidenten gewählt war. Es war wohl auch die erste Wahl.
Peter Schilder
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Links
- Pressedienst Honorarprofessur für Jochen Dieckmann (DHV)
- Jochen Dieckmann – Dreizehnter Justizminister (SZ)
- Ein Stoiker aus Granit (FA)
- Zweiter Mann (FA)
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